Talk, AGIT - Session:Health GIS, Salzburg: 2010-07-06 - 2010-07-08
Abstract:
Eine Vielzahl von Infektionskrankheiten wird durch Insekten als Krankheitsvektoren übertragen. Die speziellen klimatischen Ansprüche aller beteiligten Organismen der Infektionskette beeinflussen in großem Maße das Auftreten dieser vektor-übertragener Infektionskrankheiten, welche deshalb als besonders klimasensitiv anzusehen sind. Aktuelle Verbreitungsmuster unterliegen durch den anthropogenen Klimawandels raum-zeitlichen Trends. Der Nutzen regionaler Klimasimulationen für das 21. Jahrhundert in der Medizinischen Geographie soll am Beispiel einer Gefährdungsabschätzung bezüglich des West-Nil-Fiebers verdeutlicht werden. Für den potenziellen Vektor Aedes albopictus wird dessen klimatische Nische unter aktuellen klimatischen Bedingungen mittels geostatistischer Methoden ermittelt. Über die Integration von Expertenwissen fließen die Temperaturansprüche des West-Nil-Virus in die Analyse ein. Die hieraus ermittelten klimatischen Anforderungen von Vektor und Pathogen werden mittels regionaler Klimasimulationen auf verschiedene Zeitabschnitte des 21. Jhdt. übertragen. Auf diese Weise kann das künftige Risiko einer potenziellen Etablierung der Krankheit in der menschlichen Population abgeschätzt werden. Die Analysen lassen darauf schließen, dass zunächst der Südwesten Deutschlands einem erhöhten Risiko der Etablierung ehemals tropischer Infektionskrankheiten ausgesetzt sein wird. Dies gilt insbesondere für die zweite Jahrhunderthälfte, welche durch verstärkte Erwärmungstendenzen gekennzeichnet sein wird. Die Kombination von Bio- und Geoinformation und insbesondere die Einbeziehung regionaler Klimasimulationen bieten einen effizienten Ansatz zur Gefährdungsabschätzung für vektor-übertragene Infektionskrankheiten. Dennoch muss angemerkt werden, dass diese komplexen Modellierungen auf verschiedenen Ebenen mit Unsicherheiten behaftet sind. Die Aussagen zu künftig veränderten Niederschlagsentwicklungen sind mit größeren Unsicherheiten behaftet. Darüber hinaus bleiben die Entwicklung und die Auswirkungen von klimatischen Extremereignissen ungewiss. Speziell diese Informationen werden jedoch für eine detaillierte Gefährdungsabschätzung benötigt. Außerdem sind zusätzliche Umweltveränderungen, sowie medizinische und gesellschaftliche Entwicklungen zu berücksichtigen.