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Lehrstuhl für Biogeografie

Prof. Dr. Carl Beierkuhnlein

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Fischer, D*; Thomas, S M; Fleischmann, S; Beierkuhnlein, C: Dengue- und Chikungunya-Epidemien in Europa? Eine klimatisch abgeleitete Gefährdungsabschätzung
Vortrag, Workshop "Health Geography - Geographische Methoden in Epidemiologie und Versorgungsforschung" im Rahmen der Gründungsversammlung "AG Health Geography", München: 25.06.2010

Abstract:
Die Mehrzahl der gefährlichsten vektor-übertragenen Infektionskrankheiten ist in tropischen bzw. subtropischen Regionen heimisch. Der Klimawandel wird mit der räumlichen Verschiebung oder Ausbreitung dieser Krankheiten in höhere Breiten in Verbindung gebracht. Die Etablierung bzw. Übertragung dieser Infektionskrankheiten ist von den spezifischen Ansprüchen aller an der Infektionskette beteiligten Organismen abhängig: Erreger, Krankheitsüberträger (Vektor) und Wirtstier. Als potenzielle Vektoren sind insbesondere Stechmücken an die sie umgebenden klimatischen Bedingungen gebunden, da sie ihre Körpertemperatur nicht selbst regeln können. Arealverschiebung und -ausweitung dieser Vektoren im Zuge der globalen Erwärmung könnten die Folge sein. Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ist ein kompetenter Vektor des Chikungunya- und Dengue-Virus. Anhand dieser invasiven Art präsentieren wir beispielhaft eine Methodik, ihre bevorzugte bioklimatische Nische zu ermitteln und auf zukünftige zu erwartende Klimaveränderungen in Europa zu übertragen. Durch Korrelation aktueller Verbreitungsdaten der Asiatischen Tigermücke mit klimatischen Informationen in einem Geographischen Informationssystem (GIS) werden zunächst die klimatischen Ansprüche des Vektors erfasst. Diese können mithilfe komplexer Algorithmen flächenhaft mit den aktuell vorherrschenden Bedingungen in Europa abgeglichen werden. In einem zweiten Schritt dienen Szenarien aus regionalen Klimasimulationen dazu, die ermittelte bioklimatische Nische der Art auf künftig zu erwartende Bedingungen zu projizieren. Hierdurch kann eine Gefährdungs-abschätzung klimatisch geeigneter Gebiete in Europa für das 21. Jhdt. abgeleitet werden. Vektoren, die sich in neuen Gebieten etablieren, sind jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Ausbruch der von ihnen übertragenen Krankheiten. Hierzu müssen unter anderem die klimatischen Anforderungen des Erregers erfüllt sein. Aus der Literatur entnommene Ansprüche des Dengue- und des Chikungunya-Virus werden daher auf die projizierten klimatischen Bedingungen Europas im 21. Jhdt. übertragen. Die Gebiete klimatischer Eignung für Vektor und Erreger werden in einem finalen Arbeitschritt überlagert, um das zeitlich und räumlich variierende Risiko eines Krankheitsausbruches abschätzen zu können. Neben dem Einfluss von klimatischen Faktoren auf die Etablierung vektor-übertragener Infektionskrankheiten, bedingen Globalisierungseffekte die Einschleppung von exotischen Krankheitsüberträgern und Erregern nach Europa: Der weltweite Altreifenhandel unterstützt die Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke, während infizierte Reiserückkehrer, Erreger in bisher nichtendemische Regionen bringen. Daraus entsteht für zukünftige Studien die Herausforderung, die klimatischen Veränderungen in den großen Metropolen Europas mit Daten zum Schiffs- und Flugverkehr in Verbindung zu bringen, um sowohl die Einwanderungs- als auch die Etablierungsgefahr exotischer Krankheiten in höheren Breiten einschätzen zu können.
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