Vortrag, Abschlusstagung LIFE-Natur-Projekt Kalktuffquellen in der Frankenalb, Muhr am Altmühlsee: 16.10.2007 - 17.10.2007
Abstract:
Die relative Konstanz hydrophysikalischer und hydrochemischer Parameter in Quellen unter¬scheidet diese von anderen Biotoptypen. Die Arten¬zusammen¬setzung solcher natürlicher Quellbiotope wird von räumlichen (Habitatgröße, Distanz zwischen Quellen), hydro¬physikalischen (Wassertemperatur, Schüttungsmenge) und hydro¬chemischen (Nährstoff¬gehalt, Säurezustand) Parametern bestimmt. Viele Einzugs¬gebiete in Mitteleuropa, vor allem auf silikatischem Ausgangsgestein, wurden in den letzten Jahrzehnten stark von atmosphärischen Depositionen beeinflusst, was sich in der Versauerung von Grund- und Oberflächen¬wässern manifestiert. Zu erwarten ist, dass diese Veränderungen der Wasser¬qualität vor allem stenöke quellbewohnende Arten betreffen.
Im Jahre 1989 beginnend wurden in einer auf insgesamt 262 Waldquellen in 5 Mittel¬gebirgs¬land¬schaften (Thüringer Wald, Thüringer Schiefer¬gebirge, Franken¬wald, Fichtel¬gebirge, Erzgebirge) basierenden Bestandsaufnahme neben dem Vorkommen höherer Pflanzen und Moose hydro¬logische Kennwerte erfasst, um die Steuergrößen der Arten¬zusammen¬setzung zu erkennen.
Ökologische Wirkmechanismen
Es zeigt sich, dass physikalische und räumliche Faktoren einen deutlich geringeren Einfluss auf die als die Artenzusammensetzung ausüben als die hydrochemischen Standort¬bedingungen. Die Quell¬vegetation repräsentiert also die hydrochemischen Eigenschaften des Quell¬wassers und über diese die Ihrer Einzugs¬gebiete. Als wesentliche Erklärungs¬variable wurde der pH-Gradient ermittelt, einhergehend mit hohen Konzentrationen von Al, Cd, Zn und Mn in sauren Wässern. Mit Hilfe multivariater Ordinations¬verfahren konnten Chrysosplenium oppositifolium und Cardamine amara als Indikatorarten für neutrale Quellwässer identifiziert werden, wohingegen die Moose Spagnum fallax und Polytrichum commune unter sauren Bedingungen dominieren.
Räumliche Muster
Die Quellvegetation wie die chemischen Eigenschaften des Quellwassers zeigen räumliche Muster. Dabei treten die gefundenen Korrelationen zwischen diesen beiden Kompartimenten auf allen unter¬suchten Maßstabsskalen (innerhalb von einzelnen Quellen, Einzugs¬gebieten, Natur¬räumen, als auch beim Vergleich verschiedener Naturräume) zu Tage. Somit können ohne apparativen Aufwand, alleine anhand der Quell¬vegetation, Belastungs¬gebiete sichtbar gemacht werden. Diese konzentrieren sich vor allem auf die Hochlagen und Anströmungs¬bereiche der betrachteten Mittel¬gebirge.
Zeitliche Entwicklung
Diese Kenntnisse können auch genutzt werden um zeitliche Entwicklungen der Versauerung bzw. der Erholung von dieser zu analysieren. Besondere Bedeutung erhält unser Projekt durch das Zusammenfallen der Erst¬unter¬suchungen mit der deutschen Wiedervereinigung und der sich daran anschließenden starken Reduktion versauerungswirksamer Schadstoff¬depositionen (vor allem bei Schwefel¬verbindungen) in den nordostbayerischen Mittel¬gebirgen. Mittels Wiederholungs¬messungen in 102 Quellen wurde die zeitliche Dynamik der Qualität des Quellwassers und der damit assoziierten Vegetation von 1989 bis 2005 untersucht.
Überraschenderweise jedoch stehen Veränderungen in der Artmächtigkeit der genannten, einzelnen Indikatorarten nicht in direktem Zusammenhang mit Trends der Versauerung. Während im Quell¬wasser von 1989 bis 2005 zumeist ein leichter Anstieg der pH-Werte stattfand, markieren die einzelnen Indikatorarten ein weiteres Fortschreiten der Versauerung. Dies deutet auf eine durch Dominanz¬strukturen (Trägheit) bedingte, verzögerte Reaktion hin. Im Gegensatz hierzu zeigt die gesamte Pflanzengemeinschaft erste Anzeichen der Erholung, was das Vorhandensein zusätzlicher, sensiblerer Indikatoren für die dynamische Anwendung des Monitoring-Systems anzeigt.
Fazit
Die Quellvegetation erweist sich als geeignetes Indikatorsystem zur Charakterisierung des Grund¬wasser¬chemismus, der wiederum den geo¬chemischen und hydrologischen Zustand der bewaldeten Einzugs¬gebiete reflektiert. Räumliche Muster der Quellvegetation bilden sich auf verschiedenen Maßstabsebenen heraus und können Hydrologen und Förstern wertvolle Informationen über den Ökosystemzustand bereitstellen.