Doktorarbeit
Plant growth responses to winter climate change: from amongand within-species variation to plant-soil interactions
Andrey Malyshev (01/2012-01/2015)
Betreuer: Jürgen Kreyling, Gregor Aas, Bettina Engelbrecht
Winterklimawandel ist ein komplexes Phänomen, wobei veränderte Schneetiefe, Bodenfrostdynamik und variable Lufttemperaturen miteinander interagieren und zu unterschiedlichen Wachstumsreaktionen führen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Unterschiede dieser Wachstumsreaktionen auf wärmere Wintertemperaturen in verschiedenen Arten, Ökotypen und funktionellen Pflanzengruppen herauszufinden. Hierfür wurden in Versuchen Wintererwärmung simuliert und die Auswirkung auf Kälteakklimatisierung, De- Akklimatisierung, Dormanzverlust und Frosttoleranz untersucht. Die Variationen zwischen den Arten und innerhalb der Arten wurde miteinander verglichen, um bestimmen zu können, ob eine Art weitgehend als einheitliche Reaktionseinheit unter unterschiedlichen Klimaextremen behandelt werden kann. Die Interaktionen von Pflanzen und Boden wurden ebenfalls untersucht, um ein besseres Verständnis der Faktoren, die die Reaktionen der Pflanzen auf Wintererwärmung beeinflussen, zu erhalten. Zu diesem Zweck wurden drei in situ Experimente durchgeführt, in denen Wintererwärmung in unterschiedlichen Zeiträumen und Amplituden simuliert wurde. Zwei zentrale Fragen wurden aufgestellt: (1) Welche allgemeingültigen Regeln können für pflanzenartund ökotypspezifische Reaktionen auf Wintererwärmung unter unterschiedlichen Umweltbedingungen abgeleitet werden? (2) welche Rolle spielen Variationen innerhalb der Arten bei der Vorhersage von Pflanzenreaktionen auf den Klimawandel? Solche allgemeingültigen Regeln konnten abgeleitet werden. So wurde im Vergleich der Arten untereinander eine enge Abhängigkeit zwischen der Dormanztiefe und dem Dormanzverlustrate zum Ende des Winters festgestellt. Innerhalb der Arten fanden sich für Grasökotypen ähnliche breitengradabhängige Unterschiede in der Kälteakklimatisierung, wie sie für Bäume bereits bekannt waren. Bezüglich der Pflanze-Boden-Interaktionen konnte nachgewiesen werden, dass die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaft eine entscheidende Rolle bei der Stickstoffaufnahme und -auswaschung nach längeren winterlichen Wärmephasen und erhöhter Temperaturvariabilität spielt. Diese Beispiele zeigen, dass trotz ökotypischer und zwischenartlicher Variabilität die experimentelle Ökologie Antworten geben kann, die generell über die einzelnen Arten, funktionelle Typen und Versuchsstandorte hinaus gelten. Darüber hinaus stellte sich heraus, dass die Photoperiode ebenfalls eine wichtige Rolle für die Beendigung sowie für die Wiederaufnahme des Wachstums bei einigen Baumarten und Grasökotypen spielt. Die Sensitivität der Pflanzen für die Tagelänge in Hinblick auf ihre Dormanz ist deshalb ein wichtiges Merkmal der Pflanzen in Bezug auf ihre Fähigkeit, bei plötzlich einsetzenden Wärmeperionden im Winter und frühere warme Temperatur in der Frühling die Vegetationsperiode zu verlängern. In Bezug auf den neuartigen Vergleich von innerartlicher und zwischenartlicher Variabilität unter Stress zeigen die Ergebnisse, dass die Behandlung einer Art als eine einheitliche Einheit über ihr gesamtes Verbreitungsgebiet in Bezug auf ihre Reaktionen gegenüber dem Klimawandel zu kurz greift. Aus der hohen innerartliche Variation ergeben sich mehrere Schlussfolgerungen und Anwendungen. Erstens, die Anpassungsfähigkeit von Nutzpflanzen oder rückläufigen Arten an wärmeren Temperaturen kann verbessert werden durch unterstützte Migration von besser angepassten Ökotypen. Zweitens, der Einbau von innerartlicher Variabilität in Artverbreitungsmodelle wird genauere Prognosen für zukünftige Arealveränderungen ermöglichen. Drittens, die Bemühungen zur Vermeidung des Aussterbens von Pflanzenarten und zum Erhalt einer hohen Biodiversität können durch eine Erhöhung der ökotypischen Vielfalt in einem Gebiet unterstützt werden. Auf diese Weise können potentiell unerwünschte Nebenwirkungen von Arteneinführungen vermieden werden. Die Entwicklung von Ökotypen und ihre Faktoren bedürfen darum weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen. Darüber hinaus sollten Pflanzengemeinschaften mit unterschiedlicher Diversität der Arten und Ökotypen in ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels verglichen werden.