Doktorarbeit
Vegetation Diversity and Distribution Along the Bale Mountains Afroalpine Hotpot of Biodiversity in the Face of a Fast-Changing World
Yohannes Kidane (04/2010-03/2022)
Betreuer: Carl Beierkuhnlein, Cyrus Samimi
Bergökosysteme, insbesondere tropisch-alpine Ökosysteme, beherbergen wichtige Hotspots der biologischen Vielfalt in kleinen, meist abgelegenen Berggipfeln. Die afroalpinen Ökosysteme, welche oberhalb der Baumgrenze in den Bergen des tropischen Afrikas liegen, waren lange Zeit räumlich isoliert und von extremen klimatischen Bedingungen geprägt, was zur Bildung von "Himmelsinseln" führte mit einer einzigartigen Flora und Fauna, die reich an Endemiten ist. Eines dieser Ökosysteme ist das Bale-Gebirge in Äthiopien, in dem sich das ausgedehnteste afroalpine Plateau Afrikas, das Altiplano, befindet, ohne weitläufige Hochgipfel, die Platz für eine Ökosystemverschiebung nach oben bieten würden. In den letzten fünfzig Jahren hat dieses unberührte afroalpine Ökosystem unter der übermäßigen Präsenz des Menschen gelitten, was neben dem Klimawandel auch zu erheblichen Veränderungen der Landnutzung geführt hat. Infolgedessen haben sich die einstmals unberührten natürlichen afroalpinen Bergökosysteme vollständig in Kulturlandschaften verwandelt. In letzter Zeit verändern sich die seit langem bestehenden Umweltfaktoren, die die Stabilität afroalpiner Bergökosysteme prägen, rasch, als Reaktion auf die jüngsten globalen Veränderungen des Klimas sowie der Landoberfläche und der Landnutzung. In meiner Dissertation untersuchte ich die Auswirkungen eines fünfzigjährigen räumlich-zeitlichen Wandels der Landoberfläche, der Landnutzung und des Klimas auf den Reichtum der afromontanen und afroalpinen Gefäßpflanzen, insbesondere der afroalpinen Endemiten. Ich analysierte die Auswirkungen der aktuellen und projizierten klimabedingten Variabilität des Niederschlags und der feuchtigkeitsbezogenen Vorhersagevariablen auf die Vielfalt und die Verteilung der phänotypisch hochgradig angepassten dominanten Deckungstypen, und die möglichen Auswirkungen der Synergie zwischen Landnutzungsund Klimawandel auf die afroalpine Vegetation. Dafür wurden In-situ-Daten, offene Ex-situ- Datenquellen und modernste Forschungsansätze und -methoden verwendet. In der Fünfzig-Jahres-Studie zur räumlich-zeitlichen Veränderung der Landnutzungsformen wurde festgestellt, dass Bewuchsarten wie landwirtschaftliche Felder, Hochgebirgswälder, afroalpines Grasland, afromontane Zwergsträucher und krautige Formationen im Laufe der Zeit zunahmen. Im Gegensatz dazu gingen afromontane Graslandschaften, geschlossene Erica-Wälder, isolierte Erica- Sträucher, afroalpine Zwergsträucher und krautige Formationen erheblich zurück. Dahingegen blieb der afromontane Regenwald (Harenna Regenwald) im Süden des Bale-Gebirges relativ stabil. Die Ökotone zwischen den oberen montanen und den afroalapinen Ökosystemen sind "Hotspots" für den Verlust der biologischen Vielfalt. Bevölkerungswachstum, Ausbau der Infrastruktur, häufige Brände, Überweidung, Entwaldung, unzureichende Schutz- und Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie mangelnder Schutz während des politischen Übergangs und der unsicheren politischen Atmosphäre sind einige der wichtigsten lokalen Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt. Außerdem sind die riesigen mittel- bis niedriggelegenen Gebiete, ehemals dünn besiedelte, landwirtschaftlich fruchtbare Regionen, mit groß angelegtem Landerwerb und Landgrabbing konfrontiert. Es ist zu erwarten, dass die Veränderungen der Landnutzung noch intensiver werden und die größtenteils endemischen Biota des Gebiets weiterhin einem beispiellosen Druck ausgesetzt sein werden. Ergebnisse meiner Dissertation weisen außerdem auf eine glockenförmige Kurve des Artenreichtums entlang des Höhengradienten hin. Darüber hinaus nimmt der Anteil der endemischen Arten auf allen Hängen monoton zum Gipfel hin zu. Der Klimawandel wird sich tiefgreifend auf die Vielfalt der Gefäßpflanzen auswirken, d. h. er beeinflusst die Struktur, die Zusammensetzung, die Funktionsweise und die Verbreitung von Arten und Ökosystemen. Dies führt zu einer Verschiebung von Ökosystemen, welche gefährdete afroalpine Ökosysteme und ihre besonders angepassten Arten schaden könnte. Ich zeige auf, dass der künftige Klimawandel die Verbreitungsmuster der Arten erheblich verändern wird, mit deutlichen Auswirkungen auf die afroalpinen Ökosysteme und die endemischen Arten, die auf das afroalpine Plateau beschränkt sind. So werden bei einer Temperaturerhöhung von 2 °C bis zu 8,6% aller endemischen Arten aussterben. Allerdings werden nicht alle Gefäßpflanzen und Ökosysteme in gleicher Weise auf die Veränderungen reagieren. Es wird zudem erwartet, dass die verholzende Erica-Vegetation, die zwischen den Laubwäldern in niedrigen Lagen und der afroalpinen Vegetation in hohen Lagen liegt, unterschiedlich betroffen sein wird. Die Modellprojektionen einer weiteren Studie meiner Dissertation deuten auf eine zunehmende Dominanz und eine Verschiebung des Verbreitungsgebiets der Erica-Vegetation bis zur ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts hin. Insbesondere wird sie in den westlichen, nordwestlichen, nördlichen und östlichen Teilen des Massivs und auf dem Sanetti-Plateau zunehmen. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts wird die Ercia-Vegetation in ihrem derzeitigen Verbreitungsgebiet weiter zunehmen und sich in Richtung der afroalpinen Wiesen verlagern, während sie sich aus dem unteren Bereich des Massivs zurückzieht. Darüber hinaus korreliert das aktuelle Spektrum der Erica-Vegetation mit den aktuellen Temperatur- und Niederschlagstrends, was die entscheidende Rolle von Temperatur und Niederschlag bei der Bestimmung der Artenverteilung entlang der Höhenlage bestätigt. Die Konkurrenz zwischen afroalpinen Spezialisten und Pflanzen mit einem breiteren Verbreitungsgebiet wird das Aussterben der afroalpinen Spezialisten weiter begünstigen. Insgesamt wurden im Rahmen meiner Dissertation innovative Forschungsansätze entwickelt und effiziente Ansätze zur Überwachung der biologischen Vielfalt angewandt, die die umfangreichen Geodaten aus der Fernerkundung und fortschrittliche Geodatenanalysetools und -techniken nutzen. In Entwicklungsländern werden Entscheidungen zum Umweltmanagement, zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel oft ohne angemessene Konsultation der lokalen Interessengruppen im Rahmen eines Top-down-Ansatzes getroffen, der in der Regel mit wechselnden Regierungen und politischen Veränderungen variiert. Politisches Versagen, ein Mangel an lokalen Schutzmaßnahmen und Management–Strategien sind Ursachen für den Verlust afroalpiner Biodiversität. Daher ist eine kontinuierliche Überwachung und Bewertung der biologischen Vielfalt unter Verwendung modernster Geodaten, Werkzeuge und Technologien wie Fernerkundung und geographischen Informationssystemen unerlässlich. Satelliten-Fernerkundung liefert kontinuierlich Daten, die Umweltveränderungen einige Jahrzehnte zurückverfolgen können und eine große Fläche abdecken. Meine Dissertation deutet darauf hin, dass in diesem Hotspot der biologischen Vielfalt in Ostafrika mit großer Wahrscheinlichkeit erhebliche Veränderungen zu erwarten sind.