Masterarbeit
Auswirkungen des Klimawandels auf Diversitätsmuster von Waldquellen nordostbayerischer Mittelgebirge
Mario Schanz (03/2022-09/2022)
Betreuer: Carl Beierkuhnlein
Die Waldquellen der nordostbayerischen Mittelgebirge sind durch weitgehend einheitliche hydrogeologische Verhältnisse gekennzeichnet. Es handelt sich um Sickerquellen, die durch Hangabzugswasser gespeist werden, sodass ein enger Zusammenhang zwischen Quellwassereigenschaften und Faktoren des Einzugsgebietes besteht. Außerdem befinden sich die Quellen meist in forstwirtschaftlich genutzten Hanglagen, weswegen sie naturnahe, nur wenig anthropogen beeinflusste Lebensräume darstellen. Die Artenzusammensetzung der Waldquellen wird hauptsächlich durch den Säuregrad des Quellwassers und die Lichtversorgung bestimmt. Ausgeprägte sommerliche Dürreperioden als Folge des Klimawandels haben in den letzten Jahren zum Versiegen einiger Quellen geführt. Die Auswirkungen dieser Austrocknungsereignisse auf die Diversitätsmuster der Quellökosysteme sind weitgehend unbekannt und wurden deshalb in vorliegender Arbeit untersucht. Wir stellten die Hypothese auf, dass in den letzten Jahren zeitweise trockengefallene Quellen gegenüber den kontinuierlich schüttenden Quellen Unterschiede in der Vegetationszusammensetzung zeigen und diese Unterschiede bei den stark sauren Quellen geringer sind. Wir erwarteten in den kontinuierlich schüttenden Quellen höhere Deckungsgrade der Lebermoose im Vergleich zu den Laubmoosen als in den zeitweise trockengefallenen Quellen. Außerdem hypothetisierten wir, dass der pH-Wert des Quellwassers und das Lichtangebot weiterhin wichtige Umweltfaktoren sind, die Unterschiede in der Artenzusammensetzung erklären können. Dafür erstellten wir im Frühjahr 2022 Vegetationsaufnahmen von 102 Quellen, die gleichmäßig über die beiden nordostbayerischen Mittelgebirge Frankenwald und Fichtelgebirge verteilt sind, schätzten deren Schüttung und maßen pH-Wert, Leitfähigkeit und Temperatur des Quellwassers. Eine Ordination der Quellstandorte mit der Methode des Non-Metric Multidimensional Scaling (NMDS) zeigt, dass sich die zeitweise trockengefallenen Quellen von den kontinuierlich schüttenden Quellen, auch bei getrennter Analyse der Quellen mit unterschiedlichem Versauerungsgrad, nicht anhand ihrer Artenzusammensetzung unterscheiden lassen. Außerdem zeigen die Lebermoose im Vergleich zu den Laubmoosen keine höheren Deckungsgrade in den kontinuierlich schüttenden Quellen auf. Dagegen konnten wir bestätigen, dass der pH-Wert des Quellwassers und das Lichtangebot weiterhin wichtige die Artenzusammensetzung beeinflussende Umweltfaktoren sind. Die Erkenntnis, dass das Trockenfallen der Waldquellen in den letzten Jahren keine Veränderung der aktuellen Vegetationszusammensetzung verursacht hat, weist auf eine bisher hohe Resistenz des Quellökosystems gegenüber den Folgen des Klimawandels hin. Diese wird vermutlich durch die Eintiefung der Waldquellen in das umgebende Geländerelief begünstigt, weil dadurch ein kühl-feuchtes Mikroklima länger aufrechterhalten wird. Angesichts der weiten Verbreitung von helokrenen Waldquellen mit ähnlichen Umweltbedingungen in Europa, liefern unsere Ergebnisse überregional relevante Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels.